Antisemitismuskritik und Diskriminierungssensibilität
Antisemitismus ist ein Thema, dass alle Bildungsbereiche berührt und zugleich für Gemeinden von Bedeutung ist. Die Entwicklung und Stärkung einer sensiblen Haltung in Bezug auf Antisemitismus, ist als stetige und aktuelle Herausforderung für Pädagoginnen und Padagogen in Kitas, Schulen und Gemeinden wahrzunehmen. An dieser Stelle finden Sie einerseits Hintergrundwissen zur eigenen Annäherung oder Vertiefung in das Thema sowie Impulse für das pädagogische Handeln.
Antismemitismus als Traditionsbestandteil des Christentums
Henning Flads Projekt „Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus” der Diakonie Deutschland
Überarbeiteter Text für einen Vortrag zu einer Tagung von Reformierter Kirche und Aktion Sühnezeichen im Oktober 2015.
„In der Auseinandersetzung um den kirchlichen Antijudaismus wäre es falsch, sich auf die Suche zu machen nach Antisemiten, die in den Kirchen überall lauern könnten. Nein, es geht darum, sich Rechenschaft abzulegen über die eigene Geschichte und darüber zu reflektieren, welche tief sitzenden Denkmuster, die über Jahrhunderte tradiert wurden, uns auch heute noch beeinflussen können.
Mit dem Finger auf einzelne Menschen zu zeigen, ist dabei eher hinderlich, weil die Frage, ob die Person xy ein Antisemit sei, wegführt von der viel wichtigeren Auseinandersetzung darum, inwiefern bestimmte Denkfiguren problematisch sind, und wo deren Ursprünge liegen.“
Antisemitismuskritik in Kirche und Theologie heute
In der bundesdeutschen und europäischen Antisemitismusforschung spielen Theologie und Kirchengeschichte kaum eine Rolle. Sowohl die Wurzeln des säkularen Antisemitismus, wie auch Teile seiner Gegenwart sind aber christlich religiös bestimmt. Deshalb kommen unter Absehung dieser Bestimmung zentrale Motive, die zum Verstehen von Antisemitismus beitragen könnten, nicht in den Blick. Für die christliche Theologie gilt, dass die Bearbeitung des Antisemitismus zentral ist für die Aufarbeitung eigener Gewalttraditionen, für ein Akzeptieren der Ambivalenzen im Glauben und für den Verzicht auf christliche Identitätsbildung durch immer wieder auch gewaltförmige Ab-und Ausgrenzung.
Abwehr von Ambivalenzen, Identitätsbildung durch Ausgrenzung gerade im Bereich des Nationalen sind auch im säkularen Antisemitismus virulent. Die Antisemitismusforschung müsste sich zum besseren Verstehen theologischen Fragen öffnen.2Dann würde sichtbar, dass der säkulare Antisemitismus, fast ließe sich sagen, „gnadenlos“ christlich grundiert ist und erst dann wohl adäquat zu bearbeiten wäre.“
Antisemitismus und Protestantismus – Impulse zur Selbstreflexion
Eine Broschüre der Evangelischen Akademien in Deutschland
„Wenn unsere Studierenden auf dem Antisemitismus-Auge blind sind, dann ist für Schule und Gemeinde schon viel verloren“, seufzte am ersten Abend beim gemeinsamen Bier einer der beteiligten Professoren. Der Verlauf der Tagung zeigte jedoch: Wenn Studierende für die Antisemitismus-Frage sensibel werden, dann ist wahrscheinlich für ihre spätere Tätigkeit viel gewonnen.
Die Erkenntnis, dass Antisemitismus kein Problem der Anderen ist, sondern im eigenen Lebens- und Arbeitskontext seinen Ort hat, ist ein erster großer und wichtiger Schritt.“
Impulse aus dem jüdisch-christlichen Gespräch für evangelische Gottesdienste
Eine Broschüre, herausgegeben von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in Kooperation mit dem Institut Kirche und Judentum.
Aus dem Vorwort von Bischof Dröge:„Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Geschwister,in Deutschland nimmt die Zahl antisemitischer Übergriffe zu.
Es werden öffentlich und im Internet, in den Sozialen Medien judenfeindliche Äußerungen getätigt. Manche Jüdinnen und Juden fühlen sich deshalb in unserem Land nicht mehr sicher. Ich bin entsetzt darüber, wie in unserer Gesellschaft Judenfeindschaft neu aufflammt, wie sie sich zeigt in Hetze und Hass, in Mobbing und Übergriffen.“
Vor Gott sind alle Menschen gleich
Beiträge zu einer rassismuskritischen Religionspädagogik und Theologie
Aus dem Vorwort der Broschüre von Aline Seel und Christian Staffa:
„Warum stammen alle Menschen von Adam und Eva ab? Damit sich keine_r über den/die andere_n erhebe. So lautet die rabbinische Antwort. Diese so einfache Wahrheit lebt sich schwer. Auch für Christenmenschen – obwohl sie am Beginn unserer Heiligen Schrift steht. Rassismus wird vielfach in der gesellschaftlichen Debatte als Problem des sogenannten rechten Randes begriffen. Aktuelle Forschungen und die derzeitige gesellschaftspolitische Auseinandersetzung zeigen aber, dass Rassismus als Realität der sogenannten Mitte der Gesellschaft und auch und besonders der Kirchenmitglieder wahrgenommen und bearbeitet werden muss.
Rassistisches Handeln ist ein-gebunden in historisch gewachsene, gesellschaftliche Gewaltverhält-nisse und geschieht oft unbewusst. Die übergeordnete Aufgabe für rassismuskritische Religionspädagogik ist daher, Rassismus soweit wie möglich bewusst werden zu lassen. Das Ziel solcher pädagogischer Praxis ist es, diskriminierende Strukturen zu bearbeiten in der Hoffnung, das Unsere dazu tun zu können, dem Reich Gottes zur Welt zu verhelfen.“
(K)Eine Glaubensfrage – Religiöse Vielfalt im pädagogischen Miteinander
Grundkenntnisse und praktische Empfehlungen für Schule und außerschulische Bildungsarbeit
Herausgegeben von Saba-Nur Cheema
Prof. Dr. Joachim Valentin, Dr. Meron Mendel und Khushwant Singh erläutern im Vorwort die Zielsetzungen des Projekts „Kaum zu glauben“:
Das Projekt »Kaum zu glauben« hat genau auf diesen Bedarf reagiert. Der Projektansatz bestand aus drei Grundüberzeugungen:
- Die Anerkennung der religiösen Vielfalt ist wichtiger Bestandteil des demokratischen Zusammenlebens; die Auseinandersetzung darum wichtiger Bestandteil demokratischer Prozesse.
- Religionsfreiheit ist Menschenrecht: Jeder Mensch hat das Recht auf Gedanken‑, Gewissens- und Religions-freiheit (AEMR Artikel 18).
- In ihrem Kern ist der humanistische und tolerante Ansatz in allen Welt-religionen zu finden. Fundamentalistische Auslegungen sind eine Form der Instrumentalisierung und Politisierung von Religion.
Das Ziel des Projektes besteht darin, Jugendliche über diese Aspekte aufzuklären und sie zu einer konstruktiven Auseinandersetzung mit Religion(en) zu befähigen. Das Projekt wirkte in Bildungseinrichtungen, vor allem Schulen, hinein, um dort Kompetenzen im konstruktiven Umgang mit Religionen zu verankern und didaktische Methoden zu vermitteln, die den religionsübergreifenden Austausch unterstützen können.
Die Broschüre enthält Grundsatzartikel und Methodenbausteine.
Widerspruchstoleranz
„Antisemitismuskritische Bildungsarbeit sollte das Individuum in den Mittelpunkt stellen, Wissen vermitteln und Emotionen aushalten. Vor allem aber sollte sie sich dem Streben nach Eindeutigkeit widersetzen. In diesem Bereich stehen konkrete Bildungskonzepte und Materialien für die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab 14 Jahren zum Download für Sie bereit.“
Auf der Seite können die freien Materialien nach speziellen Schlagworten gesucht werden und stehen zur Nutzung zur Verfügung.
Veröffentlichungen aus dem Bereich diskriminierungssensible Pädagogik
Zusammengestellt von KiDs, Fachstelle Kinderwelten für Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung am Institut für den Situationsansatz (ISTA).
Die Fachstelle Kinderwelten veröffentlicht im Rahmen des Projektes „KiDs – Kinder vor Diskriminierung schützen!“ unter anderem halbjährlich Infobriefe, in denen Aspekte aus der pädagogischen Praxis vorurteilsbewusst und diskriminierungsfrei behandelt werden.
KiDs aktuell richtet sich u.a. an Eltern und pädagogische Fachkräfte. Diese und weitere Veröffentlichungen finden Sie über den Button.
Grundlagen für eine diskriminierungsfreie Pädagogik im Kindergarten
Herausgegeben von ReachOut Berlin-Opferberatung und Bildung gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus
„Pädagogische Fachkräfte tragen eine Verantwortung, gesellschaftliche Abwertung und Ausgrenzung zu hinterfragen und sich dagegen zu positionieren. Dazu müssen sie ihren eigenen Umgang mit Unterschieden kritisch reflektieren und für Vorurteile, Diskriminierung und deren Folgen sensibler werden.
In erster Linie beinhaltet eine diskriminierungsfreie Pädagogik im Kindergarten eine kritische Selbstreflektion der Erzieher_innen. Erst wenn wir unsere eigenen Vorurteile erkennen können und bemerken, wann wir diese reproduzieren, können wir einen Raum für eine vorurteilsbewusste Pädagogik schaffen und Diskriminierungen entgegen wirken.“ In der Broschüre werden Hintergrundinformationen und Praxisimpulse bereitgestellt.