
Die Stuttgarter Messe, insbesondere Halle 7, Stand 7E67, wird ab Dienstag zum Schauplatz einer kontroversen Debatte. Die AfD wird dort auf einem eigenen Stand vertreten sein.
Dies geschieht trotz einer Petition und Boykottandrohungen anderer Aussteller, die die Teilnahme der Partei an der Didacta, Europas größter Bildungsmesse, verhindern wollten. Die Messe steht dieses Jahr unter dem Leitthema „Demokratiebildung”, was die Anwesenheit der AfD, die oft mit demokratiefeindlichen Parolen in Verbindung gebracht wird, besonders brisant macht.
Die AfD plant, die Didacta zu nutzen, um ihre Vorstellungen einer besseren Bildungspolitik zu präsentieren und Vorurteile sowie Falschinformationen zu bekämpfen. Wie genau die Partei dies auf ihrem Messestand umsetzen wird, bleibt jedoch unklar. Die Didacta in Stuttgart zog vor zwei Jahren 56.000 Besucher an, was die Bedeutung der Messe für den Bildungssektor unterstreicht.
Die Frage, wie es dazu kam, dass eine Partei, die im Verdacht steht, rechtsextrem und verfassungsfeindlich zu sein, auf einer Messe ausstellen darf, die für offenen Austausch und innovative Lernkonzepte steht, bleibt umstritten. Die Anmeldung der AfD erfolgte Ende des vergangenen Jahres, und laut den Kriterien der Messe sind politische Institutionen und Parteien zulassungsberechtigt. Dennoch gibt es breite Proteste gegen die Teilnahme der AfD, unter anderem von Lehrergewerkschaften und dem Bundeselternrat.
Um einen möglichen Eklat zu vermeiden, haben die Messeveranstalter auch andere Parteien eingeladen, darunter CDU, FDP, Volt und Bündnis 90/Die Grünen. Die SPD in Baden-Württemberg wird jedoch nicht teilnehmen, da sie die Präsenz der AfD auf der Didacta als unvereinbar mit demokratischen Bildungsansätzen ansieht.
Die AfD hat in der Vergangenheit im Landtag von Baden-Württemberg Positionen vertreten, die von Ablehnung moderner pädagogischer Ansätze geprägt sind. Sie hat gegen Fördermittel für Sprachförderung, Inklusion und multiprofessionelle Teams gestimmt und fordert den Rückbau der Ganztagsschule.
In der politischen Bildung wirft die AfD den Schulen Indoktrination vor und fordert, dass die Bildung eigenverantwortlich denkender Bürger das Ziel sein müsse. Die Bildungswissenschaftlerin Rita Nikolai von der Universität Augsburg beobachtet eine Radikalisierung der AfD in bildungspolitischen Fragen, insbesondere in Bezug auf den Geschichtsunterricht. Die Partei möchte die Gewichtung im Geschichtsunterricht verschieben und weniger über den Nationalsozialismus und die Schoah sprechen.
Die AfD betont häufig, dass Schulen neutral bleiben müssten, was Lehrkräfte verunsichert und sie zögern lässt, sich kritisch mit Rechtsextremismus auseinanderzusetzen. Der Beutelsbacher Konsens, der Lehrkräfte dazu verpflichtet, Schüler zur politischen Teilhabe zu befähigen, wird von der AfD oft missinterpretiert, um Diskussionen über Demokratieerziehung zu beeinflussen.
Die AfD sieht die Bildungspolitik als vielversprechendes Feld und strebt Ministerposten an, um ihre Vorstellungen umzusetzen. Sie befürwortet ein gegliedertes Schulsystem und lehnt Inklusion ab. Die Partei fordert die Abschaffung des Islamunterrichts und ein Genderverbot an Schulen. Trotz ihrer antifortschrittlichen Haltung kann die AfD angesichts der Bildungsmisere mit einfachen Forderungen wie mehr Fokus auf Lesen, Schreiben und Rechnen punkten.
Sollte die AfD in ein Kultusministerium gelangen, könnte sie schnell Einfluss auf Schulen nehmen, da viele Entscheidungen über Verordnungen getroffen werden, die kein Parlament passieren müssen. In Kommunen beeinflusst die AfD bereits die Mittelvergabe und damit die Ausstattung von Schulen.
Auf der Didacta wird eine Podiumsdiskussion zum Thema „Demokratiebildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit” stattfinden, an der auch ein Vertreter der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg teilnimmt. Diese Einrichtung steht im Visier der AfD, die ihr die staatliche Finanzierung entziehen möchte, da sie eine einseitige Ausrichtung vermutet.