Literatur als Brücke

Evan­ge­li­sches Lite­ra­tur­por­tal bringt The­men­heft zu Lite­ra­tur aus den Bei­tritts­kan­di­da­ten der EU heraus

Die Aus­ein­an­der­set­zung mit Euro­pa ist heu­te wich­ti­ger denn je und Lite­ra­tur kann einen ent­schei­den­den Bei­trag zur Ver­stän­di­gung leis­ten. Sie ist kein Ersatz für poli­ti­sche Ana­ly­se, eröff­net aber Zugän­ge, die kein Bericht und kei­ne Sta­tis­tik bie­ten kann: Sie macht gesell­schaft­li­che Ent­wick­lun­gen, Lebens­rea­li­tä­ten und Kon­flik­te unmit­tel­bar erfahr­bar. Gera­de im Kon­text euro­päi­scher Erwei­te­rung, geo­po­li­ti­scher Span­nun­gen und kul­tu­rel­ler Selbst­ver­ge­wis­se­rung schafft Lite­ra­tur einen Raum für Empa­thie, Refle­xi­on und Dialog.

Der rus­si­sche Angriffs­krieg auf die Ukrai­ne hat den EU-Erwei­te­rungs­pro­zess tief­grei­fend ver­än­dert: Er hat nicht nur neue sicher­heits- und wer­te­po­li­ti­sche Dring­lich­keit geschaf­fen, son­dern auch Län­der wie die Ukrai­ne, Geor­gi­en und die Repu­blik Mol­dau dazu bewegt, aktiv den Weg in die EU zu suchen.

Gleich­zei­tig steht das euro­päi­sche Pro­jekt selbst unter Druck: Natio­na­le Abschot­tungs­ten­den­zen, die Aus­höh­lung demo­kra­ti­scher Struk­tu­ren, Ein­schrän­kun­gen der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit, Angrif­fe auf die Rech­te von Min­der­hei­ten – etwa der LGBTQ-Com­mu­ni­ty – oder der Umgang mit Migra­ti­on und Flucht­be­we­gun­gen zei­gen, wie umkämpft die Idee eines offe­nen, soli­da­ri­schen Euro­pas heu­te ist. Auch inner­halb der EU gera­ten Grund­wer­te wie Rechts­staat­lich­keit, Men­schen­rech­te und Gleich­heit unter Druck.

Gera­de vor die­sem Hin­ter­grund wird deut­lich, wie wich­tig es ist, Euro­pa nicht nur als Wirt­schafts­uni­on, son­dern als Wer­te­ge­mein­schaft zu begrei­fen – als lang­fris­ti­ges Frie­dens- und Kul­tur­pro­jekt. Lite­ra­tur kann hier einen Bei­trag leis­ten: Sie erlaubt es, ande­re Per­spek­ti­ven zu ver­ste­hen, die Kom­ple­xi­tät gesell­schaft­li­cher Pro­zes­se zu erfas­sen und die Stim­men der­je­ni­gen hör­bar zu machen, die sonst oft über­se­hen werden.

Die­ses The­men­heft ver­sam­melt 38 Rezen­sio­nen von aus­ge­wähl­ten Büchern aus den Staa­ten, die aktu­ell als (poten­zi­el­le) Bei­tritts­kan­di­da­ten zur EU gel­ten. Es möch­te dazu bei­tra­gen, Brü­cken zu bau­en – zwi­schen Spra­chen, Regio­nen und Lebens­wirk­lich­kei­ten. Es lädt ein, Euro­pa nicht nur poli­tisch, son­dern auch lite­ra­risch zu den­ken: als Raum für Viel­falt, Dia­log und geteil­te Verantwortung.